Immer mehr Rentner müssen Steuern zahlen, immer niedrigere Renten werden besteuert. In diesem Jahr kann es für einen Alleinstehenden schon ab 1166 Euro brutto im Monat losgehen.
Millionen Rentner konnten sich im Juli wieder freuen: Das gesetzliche Altersruhegeld stieg im Westen um 3,45 Prozent, im Osten sogar um 4,2 Prozent. Doch höhere Renten bringen nicht nur Geld in die Kassen der Ruheständler. Auch das Finanzamt kassiert mit. Immer mehr Rentner müssen Steuern zahlen, immer niedrigere Renten werden besteuert - wenn auch in eher geringem Umfang.In diesem Jahr dürften etwa 60 000 Rentner durch das Rentenplus zu Steuerpflichtigen werden. Das geht aus neuen Berechnungen des von der Deutschen Rentenversicherung initiierten Informationsportals "ihre-vorsorge.de" hervor. Schon bislang zahlen mehr als fünf Millionen Rentner Steuern, vor allem wegen ihrer zusätzlichen Einkünfte, etwa auf Grund von Mieteinnahmen, Beamtenpensionen oder Kapitalerträgen. Bei den anderen knapp 16 Millionen ist das Alterseinkommen zu dürftig, bei ihnen greift der Fiskus bislang nicht zu.
Der Ruhestand ist aber kein Garant für immer währende Ruhe vor den Finanzbehörden. Diese wissen vielmehr genau Bescheid, die sogenannten Rentenbezugsmitteilungen machen es möglich: Seit 2009 werden alle Rentenzahlungen, also auch Betriebsrenten, private Rentenversicherungen sowie Leistungen aus Versorgungswerken und Pensionskassen dem Fiskus automatisch gemeldet. Steuern werden aber nicht wie bei Gehältern von Angestellten automatisch von der Rente abgezogen. Bezahlt werden muss, falls nötig, erst nach Abgabe der Steuererklärung und Erhalt des Steuerbescheids.
Dass nun immer mehr Rentner Steuern zahlen müssen, liegt am Alterseinkünftegesetz von 2005. Damals wurde die sogenannte nachgelagerte Besteuerung eingeführt, um - wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert - die unterschiedliche Besteuerung von Renten und Beamtenpensionen neu zu regeln. Seitdem werden Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung schrittweise immer stärker besteuert. Im Gegenzug lassen sich gezahlte Beiträge für die Altersvorsorge (im Fachjargon: Vorsorgeaufwendungen) in steigendem Umfang von der Steuer absetzen.
Konkret geht das so: Innerhalb einer Übergangsphase bis 2040 steigt der Anteil der Rente, der steuerpflichtig ist, bis auf 100 Prozent im Jahr 2040. So waren im vergangenen Jahr für Neurentner noch 78 Prozent ihrer Bruttorente steuerpflichtig, für Neurentner in diesem Jahr sind es bereits 80 Prozent. Wenn mehr Ruheständler Steuern zahlen müssen, tragen also zwei Effekte dazu bei: der höhere steuerpflichtige Anteil der Renten und zum Teil die Rentenerhöhungen, die für manche Ruheständler auch eine unerfreuliche Seite haben können: Sie müssen womöglich erstmals nachträglich Steuern zahlen und werden vom Finanzamt aufgefordert, für 2020 eine Steuererklärung einzureichen.
Ob das Finanzamt mitkassieren darf, hängt aber vom Einzelfall ab, eine Steuererklärung abgeben zu müssen, heißt nicht automatisch, dass Steuern anfallen. Grundsätzlich hat jeder Rentner wie jeder Steuerpflichtige einen Grundfreibetrag. Dieser liegt 2020 bei 9408 Euro. Einkommen in dieser Höhe bleiben steuerfrei. Auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung können Rentner von der Steuer absetzen. Daten des Bundesfinanzministeriums zeigen nun: Ein alleinstehender Ruheständler ohne weitere Einkünfte, der 2020 in den Ruhestand getreten ist, muss nun bereits ab einer Bruttomonatsrente von mehr als 1166 Euro Steuern zahlen. 2019 lag diese Untergrenze noch bei 1200 Euro, 2010 bei 1357 Euro. Das Ministerium hat dabei bereits neben dem Grundfreibetrag die Werbungskostenpauschale (102 Euro), den Pauschbetrag für Sonderausgaben (36 Euro) und Aufwendungen für die Vorsorge (1420 Euro) berücksichtigt. Es kann aber auch sein, dass Rentner höhere absetzbare Ausgaben haben, etwa für Pflegedienste oder Haushaltshilfen, so dass sie doch nichts ans Finanzamt abgeben müssen.
Hilfe für die Steuererklärung gibt es bei der Deutschen Rentenversicherung: Sie stellt Rentnern auf Wunsch eine Bescheinigung aus, die beim Ausfüllen der Vordrucke hilft.